Über alte Gewissheiten

Neuer Lebensmittel­punkt

02.10.2020

Wo im Mittelalter noch Ritter residierten und später gelegentlich die Familie Langwerth von Simmern, geben sich derzeit – tagein, tagaus – vor allem hoch spezialisierte Hand- werker und Restauratoren…

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Eine Glosse

Nichts ist für die Ewigkeit – da beißt die Maus keinen Faden ab. Um das zu begreifen, muss man nicht die thermodynamischen Lehrsätze studieren, es genügt der tägliche Blick in den Spiegel oder ins halbvolle Weinglas. Die einzige Gewissheit ist, dass alles irgendwann mal nicht mehr sein wird. Und das gilt gerade auch für Dinge, die wir mal nichtsahnend als „ewig“ tituliert haben, wie das „ewige Eis“. Polkappen und Gletscher schmelzen dahin – like ice in the sunshine – und im einst permafrostigen Sibirien versinken heute die Datschen im Matsch. Und das ist nur die Spitze des metaphorischen Eisbergs, auf den wir zusteuern, wenn wir glauben, ewig so weiterwirtschaften zu können wie bisher. Nur schmilzt dieser wohl leider nicht von alleine.

Aber so wie das ewige Eis lösen sich auch andere alte Gewissheiten gerade auf. Lange Zeit war der Landwirt zum Beispiel der Versorger der Nation – mit immer billigeren Rohstoffen, Lebens- und Genussmitteln. Heute produziert er zu Marktpreisen, die ohne den stetigen Subventionstropf keine Lebensgrundlage mehr bieten. Die kleinen Bauern sind dadurch bereits verschwunden – die verbliebenen müssen hocheffizient im industriellen Maßstab wirtschaften. Und selbst das funktioniert nur querfinanziert. Dafür gibt’s das Schnitzel noch immer für ’n Appel und ’n Ei. Das war agrarpolitisch mal so gewollt und schmeckt den Leuten bis heute. Einerseits. Andererseits: wo wir heute alle nicht nur saubillig satt, sondern sogar übergewichtig werden, da kommt die Gesellschaft auf die Idee, die Landwirtschaft solle doch ganz nebenbei auch noch die Umwelt retten und gefälligst sicherstellen, dass das Schnitzel eine glückliche Kindheit hat. Da wäre auch nichts gegen zu sagen – im Gegenteil. Dafür müsste jedoch zuallererst mit den irrationalen Dumpingpreisen Schluss sein und mit der naiven Erwartungshaltung, man könne beim täglichen Brot noch immer ein bisschen mehr fürs neue Handy einsparen.

Doch just in dem Moment, in dem wir uns beim XXL-Schnitzel aus dem 1-€-Shop vielleicht auf eine klärende Debatte eingelassen hätten, ja, gerade als der ganze große Eisberg endlich etwas mehr ins allgemeine Blickfeld zu rücken schien, da kam aus dem Nichts unserer Ahnungslosigkeit ein winzig kleines biologisches Etwas daher, stellte unsere Welt mal eben auf den Kopf und machte noch ganz anderen vermeintlichen Gewissheiten den Garaus. Bleibt zu hoffen, dass der ganze fürchterliche Spuk vielleicht auch ein paar positive Spuren hinterlässt und uns noch etwas tiefgreifender darüber nachdenken lässt, was uns eigentlich wichtig ist und in was für einer Welt wir leben wollen.

Sonne satt

06.10.2020

Man muss ja nicht immer gleich vom „Jahrhundertjahrgang“ daherschwadronieren, aber 2018 gab den Winzern und Weinfreunden hierzulande in der Tat genügend Anlass, die Korken knallen zu lassen. Die…

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